Nachruf: FAU-Professor und Direktor des MPL Jochen Guck verstorben

Professor Jochen Guck (1973 - 2025) (Bild: Stephan Spangenberg)
Professor Jochen Guck (1973 - 2025) (Bild: Stephan Spangenberg)

Mit großer Betroffenheit geben wir bekannt, dass Prof. Dr. Jochen Guck, Inhaber des Lehrstuhls für Biologische Optomechanik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) sowie Direktor am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL), am 3. Oktober nach schwerer Krankheit unerwartet verstorben ist. Er leitete die Abteilung ›Physik der Zelle‹ am MPL und am Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin (MPZPM), dessen Aufbau er maßgeblich prägte. Als weltweit anerkannter Pionier auf dem Gebiet der Zellmechanik trug er mit seiner visionären Forschung entscheidend zum Erfolg und zum internationalen Renommee des kollaborativen Forschungszentrums sowie der FAU bei.

Das Department Physik und seine Kolleginnen und Kollegen vom MPL und dem MPZPM sind tief bestürzt über den Tod von Jochen Guck. Mit ihm verlieren die wissenschaftliche Gemeinschaft und diejenigen, die mit ihm zusammenarbeiteten, nicht nur einen brillanten Kollegen, hervorragenden Lehrer und guten Freund. Vielmehr prägte und inspirierte Jochen Guck mit seinen Ideen eine neue Generation in der Wissenschaft. Seine Kolleginnen und Kollegen werden ihn zutiefst vermissen und gleichzeitig seine Vision weitertragen: mit vereinten Kräften von Physik und Medizin den menschlichen Körper besser zu verstehen und Krankheiten zu bekämpfen.

Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und all jenen, die ihm nahestanden.

Das MPL und das MPZPM haben außerdem ein digitales Kondolenzbuch eingerichtet.

Zum Kondolenzbuch

 

Mit der Physik Krankheiten erfühlen

Mit seinem interdisziplinären Team verfolgte Jochen Guck die Mission, einen Paradigmenwechsel in der Biologie voranzutreiben, indem er den Fokus von der molekularen Biochemie auf die Betrachtung emergenter physikalischer Phänomene auf zellulärer Ebene erweiterte. Er erforschte mit neuartigen physikalischen Methoden die spezifischen physikalischen Eigenschaften von Zellen und Geweben, die es ihnen ermöglichen, ihre biologischen Funktionen zu erfüllen.

So ermöglicht die von ihm entwickelte Echtzeit-Verformbarkeitszytometrie (Real-Time Deformability Cytometry, RT-DC), tausende Zellen in einem Tropfen Blut innerhalb weniger Sekunden zu erfassen und zu bewerten. Seine neuartigen Anwendungen in der Brillouin-Mikroskopie vertieften das fundamentale Verständnis zellmechanischer Prozesse bei unerforschten Krankheitsbildern. Ziel seiner Arbeit war es, die Mechanobiologie als diagnostisches und therapeutisches Werkzeug in der Medizin nutzbar zu machen. Dafür gründete er, neben seiner akademischen Forschung, mehrere erfolgreiche Firmen als Bindeglied zwischen innovativer Grundlagenforschung und zertifizierter Anwendung. Beispielsweise das Start-up-Unternehmen Rivercyte, das die Deformabilitätszytometrie-Technologie in die klinische Umgebung leichter intergieren soll.

Leben und wissenschaftlicher Erfolg

Jochen Guck wurde 1973 in Schweinfurt geboren. Er studierte Physik in Würzburg und promovierte an der University of Texas in Austin. Nach seiner Tätigkeit als Gruppenleiter an der Universität Leipzig wechselte er 2007 als Dozent an das Cavendish Laboratory der Universität Cambridge und wurde 2009 zum Reader ernannt. 2012 wurde Guck zum Alexander-von-Humboldt-Professor für Zelluläre Maschinen am Biotechnologiezentrum der TU Dresden berufen und war dort als leitender Direktor tätig. Seit Oktober 2018 war er Direktor am MPL und leitete eine Abteilung am MPZPM in Erlangen. Seit August 2020 hielt er den Lehrstuhl für Biologische Optomechanik im Fachbereich Physik der FAU.

Jochen Guck wurde mit einigen der renommiertesten wissenschaftlichen Auszeichnungen geehrt, die seine herausragenden Beiträge an der Schnittstelle von Physik, Biologie und Medizin würdigen. Für seine bahnbrechende Forschung zur Rolle mechanischer Kräfte in Zellen und Geweben erhielt er 2024 den Greve-Preis der Leopoldina, eine der höchsten deutschen Ehrungen für exzellente Grundlagenforschung. Zuvor war ihm die Wilhelm-Ostwald-Medaille der Sächsischen Akademie der Wissenschaften verliehen worden, in Anerkennung seiner grundlegenden Arbeiten zur Physik lebender Materie und zur Etablierung der Mechanobiologie als eigenständigem Forschungsfeld. Bereits 2008 zeichnete die U.S. National Academy of Sciences ihn mit dem Cozzarelli Award für seine wegweisende Arbeit zur Untersuchung der optischen Eigenschaften der Netzhaut aus.